Im Entwurf konzentrierten wir uns darauf, den Saal und die schönen Kellergewölbe in den Mittelpunkt zu stellen. Dies im wahrsten Sinne des Wortes, indem wir eine symmetrische Anordnung von Grundriß, Aufriß und Fassaden dem Umbau zugrunde legten.
Die Mittelachse der Symmetrie wurde in Nord-Süd-Richtung durch den Saal bestimmt.
Symmetrisch um den Saal legen sich die neuen Nutzungsbereiche Gaststätte, Fremdenverkehrsamt, Volkshochschule und andere Räume - vor allem im Südteil des Gebäudes. Dort zeichnen sie sich in der Behandlung der Fassaden als Neubauteile entsprechend ab.
Auf die Nordseite zu Park und Stadt wurde der Hauptzugang gelegt. Über ihm wurden im Saal die schönen alten Jugendstilfenster wieder eingebaut. Gleichzeitig wurde in der Nordfassade der westliche Giebelteil auch auf der Ostseite gespiegelt, so wie der vorhandene Westgiebel ebenfalls auf der Ostfassade symmetrisch wiederholt wurde.
Durch diese Maßnahmen erhielt der Baukörper ein sehr kompaktes Volumen.
Die Neubauteile sind als Eingriffe aus unserer Zeit sofort ablesbar: gläserne Lifttürme und gläserne Vorbauten für Eingang, Gaststätte und Fremdenverkehrsamt. Obwohl Altbauteile und neue Hinzufügungen sich voneinander absetzen, klar erkennbar sein sollten, müssen sie doch eine harmonische Einheit im Gesamtbaukörper ergeben. Dies war Ziel und Absicht des Entwurfes.
Darüber hinaus war es wichtigste Entwurfsabsicht, der künftigen Stadthalle eine ganz besonders architektonische Atmosphäre zu verleihen: Altes und Neues sollte so verbunden werden, daß ein unverwechselbarer Raumeindruck entsteht. Weder Almhütte noch Kulturlabor.
Miesbach ist weder Großstadt noch Dorf - für seine Stadthalle muß das zum Ausdruck kommen, ohne platte Anleihen an pseudo-oberbayerische Dekorationen zu machen oder eine beliebige städtische Allerweltsmoderne nach Miesbach zu verpflanzen.
Wir haben versucht, dies mit architektonisch zurückhaltenden Mitteln zu erreichen und modische Effekte auszuschließen. Dazu gehört, daß sich die modernen Bauteile gleichberechtigt und selbstbewußt neben die renovierten Altbauteile stellen.
Dazu gehört auch eine zurückhaltende aber sorgfältige Detailarbeit und Materialauswahl, die sich auf wenige aber durchgängige Elemente beschränkt. Diese Elemente sind wiederum miteinander durch ein Farbkonzept verbunden, das auf einer breit angelegten Skala von Blautönen beruht. Die Farbe blau ist durch Befunduntersuchungen im Außenputz ermittelt worden und stellte sich als geeignet heraus, im Gleichklang oder im Kontrast mit allen zu verwendenden Materialien zu korrespondieren: Putz mit Anstrich, Fliesen und Naturstein, Beschichtung der Einbaumöbel sowie in der Kombination mit dem Weiß von Wandfarbe, Fliesen, Holzkonstruktionen und den dunklen und hellen Naturholzböden. Die wieder hergestellten Vergoldungen von Stukkaturen geben dazu besondere Glanzpunkte.
Andreas Gottlieb Hempel
Dipl. Ing. Architekt BDA